ÜBERSICHT

Der hier vorliegende Band „Prallball im Weltall“ ist tatsächlich das erste LTB, das mir je in die Hände gefallen ist, von daher mag sich eine gewisse Verklärung bei der Beurteilung eingeschlichen haben. Objektiv geurteilt deckt die Nr. 190 das ganze Qualitätsspektrum – von herausragend bis unterdurchschnittlich – ab, wobei der Anteil der guten Arbeiten deutlich überwiegt.

In der titelgebenden Geschichte sehen wir Donald, Dussel und Gustav überraschenderweise mal in trauter Einheit ihren Urlaub planen. Es ist Sommer in Entenhausen, die Stadt ist leergefegt, und unsere drei Vettern sinnieren über die abgeschmackte Kommerzialisierung der klassischen Ferienziele. Da kommt Daniel Düsentrieb mit seinem Raumgleiter Marke „Weltraumfrosch“ und dem Vorschlag, den Urlaub in den Weiten des Alls zu verbringen, gerade recht. Also Schnorchel- und Golfausrüstung eingepackt und los geht’s. Man landet schließlich auf einem fernen Planeten, dessen freundliche Bewohner in einer Art mittelalterlichen Epoche mit Königen und Schlössern, Rittern und schönen Prinzessinnen leben. Im verlauf ihres Aufenthalts werden sie vom dortigen Herrscher, König Ubolzio, mit einem Trick dazu verleitet, für ihn ein prestigeträchtiges Prallballmatch, eine Art Mischung aus Rugby und Basketball, gegen die Champions des Nachbarreiches auszutragen.

Die gelten zwar als unbesiegbar, doch da ja Glückspilz Gustav mit dabei ist, gewinnen die Drei mit etwas Nachhilfe Fortunas, was jedem von ihnen als Lohn die heißersehnte Hand einer der drei scheinbar liebreizend-anmutigen Königstöchter einbringt. Doch die stellen sich als rabiate Schreckschrauben heraus und es kostet Donald, Gustav und Dussel doch einige Mühe, dem gar nicht so goldenen Käfig der Ehe im fernen Königreich zu entgehen und zur wieder liebgewordenen Erde zurückzukehren.
Es ist ja immer so eine Sache mit den Außerirdischen. Tausend mal und öfter mussten sie ihren Kopf schon für meist uninspirierte oder völlig konfuse Geschichten hinhalten, aber die Story Pelos wandelt auf dem schmalen Grad, der das richtige Maß zwischen Kreativität und Handlungseinheit, bzw. Linearität der Episode bedeutet. Der Leser wird auch nicht kopfüber in den Plot hineingeworfen, sondern es gibt einen durchaus amüsanten Anfang auf dem Entenhausener Sommerfest. Dazu gelingen die Zeichnungen Claudio Panareses auffallend gut. Die Figurendarstellungen sind lebendig und verleihen der Handlung eine zusätzliche Dynamik und die häufiger eingesetzten querformatigen Panels mit Landschaftsansichten der fernen Welt sind, fernab von 08/15-Darstellungen, wirklich klasse, genauso wie der unverwechselbar gestaltete düsentriebische „Weltraumfrosch“. Ein guter Beginn für dieses LTB.

Wahrscheinlich das
Highlight dieser Ausgabe folgt, und als ebensolches hat es auch Eingang in das gleichnamige Ranking von LTB-Online gefunden: Wieder einmal werden Kommissar Hunter und Inspektor Issel, diesmal vom Autor Mezzavilla, ohne die Hilfe von Superdetektiv Maus auf Verbrecherjagd geschickt und wie in Glanzlichtern à la „Inspektor Issles lange Nacht“ (LTB 239) gelingt dies auch hier vortrefflich, wozu auch hier wieder einmal Cavazzanos brillante Zeichnungen beitragen.
Allein die Anfangssequenz ist ein Genuss: Issel und Hunter sitzen an einem unerträglich heißen Sommerabend bei eisgekühlter Melone auf der Veranda, als eine Sternschnuppe über den Himmel zieht, die als Überleitung für einen Orts- und Personenwechsel hin zu Kater Karlo nebst Trudi, die auf einer fernen Landstraße unterwegs sind dient. Denn dort bekommt jene nur scheinbare „Sternschnuppe“ eine zentrale Bedeutung für den weiteren Handlungsverlauf. Es handelt sich in Wirklichkeit um einen abgestürzten Satelliten mit einer Wunderwaffe an Bord, die jedes elektrische Gerät kontrollieren kann und nun in jener Nacht Kater Karlo in die Hände fällt. Der terrorisiert fortan als „Der mächtige Maschinenmann“ Entenhausen und zeigt sich hier als besonders skrupelloser und größenwahnsinniger Erpresser, welcher Forderung um Forderung stellt und mit dem Lahmlegen der Entenhausener Wasserversorgung droht.

Hunters und Issels Ermittlungen stecken indes in einer Sackgasse – und der Druck von Bürgermeister, Presse und Öffentlichkeit nimmt täglich zu. Mit seinen unbegrenzt scheinenden Möglichkeiten führt der „Maschinenmann“ die Polizei an der Nase herum, und erst als er in seinem prahlerischen Verbrechenswahn zu weit geht, kommen Kommissar und Inspektor hinter die Identität des Kriminellen. In einer denkwürdigen Verfolgungsjagd bietet Kater Karlo noch einmal alles auf, was seine Wunderwaffe hergibt – doch letztlich vergebens. Die unheimliche Maske des Maschinenmannes ist gefallen und die Entenhausener Polizei hat der Gerechtigkeit zum Sieg verholfen.
Mezzavillas Story ist in perfekt wechselndem Tempo inszeniert, zuweilen bieten Einblicke in die Arbeit auf dem Polizeirevier kurze Verschnaufpausen, dann wieder wartet er mit spektakulären Verfolgungsfahrten oder Machtdemonstrationen Karlos auf. Und über allem liegt die unerträgliche Hitze des Sommers wie ein lähmender Schleier, der die Polizisten zusätzlich Kraft und Nerven kostet. Neben dem Tempo wechselt auch die Perspektive, geschickt wird das Geschehen mal aus Karlos und Trudis, dann wieder aus Hunters und Issels Sicht erzählt, bis beide Stränge bei furiosen Finale zusammengeführt werden. Die Zeichnungen Cavazzanos sind gewohnt stark, die vielen Großeinstellungen sorgen dafür, dass der Leser auch emotional nah am Geschehen dran sein kann – ein Geniestreich.

Donald beschäftigt zwangsläufig Ein Maler-Schicksal, und zwar das des italienischen Renaissance-Künstlers Marco Ricci, denn über diesen soll der neuerdings sehr kunstinteressierte Donald für seinen Onkel die Eröffnungsrede einer Kunstausstellung in Italien halten. Er soll sich auf dem Flug dorthin in Riccis Biografie einarbeiten, verschläft das aber und muss so dem erstaunten Premierenpublikum seine eigene, eher frei erfundene Sicht auf Riccis Leben präsentieren. Dagobert zürnt, doch dem Publikum hat es gefallen, gerade weil Donald so kreativ von den altbekannten historischen Fakten abgewichen ist.

Vorneweg was gut ist, nämlich Valerio Helds recht gelungen Zeichnungen, gerade bei seinem Blick auf Italien in der Renaissance. Außerdem ist es erfrischend und mutig, ein eher für die Zielgruppe langweiliges Thema wie die Biographie eines klassischen Malers anzugehen. Dennoch springt der Funke nicht so ganz über, was auch einfach an der Kürze der Geschichte liegt, die verhindert, dass der interessante Ansatz mit mehr Ideen unterfüttert wird. Insgesamt also leider nicht mehr als guter Durchschnitt – da wäre mehr dringewesen.

Guter Durchschnitt – das kann man von der nächsten Episode nicht behaupten. Denn was Russo hier im Rahmen der losen Reihe „aus Daisys Tagebuch“ präsentiert, ist die schwächste Story des Bandes.
Donald will sich mit Daisy einen Spaß erlauben und spielt ihr mithilfe eines Zaubertricks vor, sie habe ihn in einen Frosch verwandelt. Mit jenem Frosch – eigentlich Haustier von Donalds Neffen im selbstgeschneiderten Matrosenjäckchen zieht Daisy nun durch die Gegend und erlebt von Strafzetteln über Unfälle alle mögliche Unannehmlichkeiten mit dem widerspenstigen Tier, was unser Scherzbold nur voller Schadenfreude beobachtet. Als er schließlich seinen Streich aufdeckt, rächt sich seine Daisy an ihm und macht ihn so zum titelgebenden Froschkönig wider Willen. Unsinnig, einfältig und fragwürdig die ganze Sache. Die Zeichnungen aus dem Comicup-Studio sind ok, aber helfen auch nicht mehr – schnell weiterblättern.

Wie bekannt hat Kater Karlo mit seinem ewigen Widersacher Micky Maus selten, nein eigentlich nie was zu lachen und da wundert es auch nicht, dass in er in dieser Story ob dieser Tatsache recht deprimiert daherkommt. Doch dann kommt ihm plötzlich eine wahrhaft schurkische Idee: Er will seinen Erzfeind im wahrsten Sinne „ausradieren“, so das nette Wortspiel, das er benutzt, das heißt Mickys Erfindung durch Walt Disney mithilfe einer Reise in der altbekannten Zeitmaschine verhindern. So nicht, Kater Karlo! Angekommen im Jahr 1928 trifft er nun allerdings nicht den Meister selbst, sondern dessen Assistenten Iwerks (nettes Comic-Alter Ego) an, den er mit unwahrscheinlichen Methoden und Verkleidungen davon überzeugen will, wie wenig sinnreich Mäuse doch im allgemeinen und ganz speziell als Comicfiguren sind. Doch der Schuss geht für ihn voll nach hinten los...

Die Grundidee, nämlich das Zusammentreffen des zeichnenden Schöpfers mit seinen Geschöpfen findet sich auch in wenigen anderen Geschichten, so zum Beispiel in der genialen Carl-Barks-Hommage „Der Mann hinter den Ducks“ (LTB 196). Wenn das gut gemacht ist, und das ist hier bei der Zusammenarbeit von Russo und Zironi der Fall, bietet eine so gestaltete Episode einiges an tiefgründigem Witz und hintersinniger Unterhaltung. Und obwohl die Story mit 21 Seiten recht kurz ist, wird das Thema ordentlich ausgearbeitet und schlüssig aufgelöst – auf jeden Fall eine der innovativeren Zeitreise-Geschichten. Zironis Visualisierung tut dem auch keinen Abbruch, denn sie liefert keinerlei Anlass zur Kritik. Nur seltsam, dass Walt Disneys Alter Ego hier nie sein Gesicht zeigen darf – steckt da etwa die Ehrfurcht vor dem Comic-Übervater dahinter?

Für den Schlussakkord dieses LTBs wird noch einmal kräftig in die Tasten gegriffen. Ein Agentenabenteuer Donalds und Daisys nach dem Vorbild James Bonds, das einem hier auf jeder Seite entgegenzuwinken scheint.
Weil er Daisy beeindrucken möchte gibt Donald vor, Agent beim Entenhausener Geheimdienst zu sein. Durch eine für ihn typische Verkettung der abstrusesten Zufälle wird er bald tatsächlich für einen solchen Top-Spion gehalten und sogleich vom weisen, aber doch etwas vertrottelten Geheimdienstchef Schweiger (sehr schön ausgearbeiteter Nebencharakter) als Geheimagent 006 ½ auf Mission zur Rettung Entenhausens geschickt: Denn Superschurke Dr. Klunker will eine ungeheure Summe an Diamanten erpressen und droht mit Zerstörung der Stadt durch einen von ihm erbeuteten Supersprengstoff. Donald ist es auch wirklich vergönnt, Klunkers geheimes Hauptquartier auf dem Meeresboden zu finden, doch er wird entdeckt und gefangengenommen. Dadurch wird nun die von Schuldgefühlen und Ängsten um ihren Donald völlig aufgebrachte Daisy dazu veranlasst, unter Genehmigung des gutmütigen Schweigers eine waghalsige Rettungsaktion zu starten. Und den beiden gelingt es schließlich auch, ganz in der Manier ihres Vorbildes, die Geheimbasis samt Superbombe unschädlich und Klunker nach Showdown in der Geheimdienstzentrale dingfest zu machen.
Also eine echte James-Bond-Story, Logik und Vernunft werden schon mal links liegen gelassen, dafür gibt es Action auf jeder Seite. Auch ein „Q“-ähnlicher Erfinder, der Donald das klassische Agentenequipment zusteckt, fehlt hier nicht, dazu gibt es mechanische Meeresungeheuer, Raketentornister und Unterwasserkämpfe von Froschmännern. Es ist nicht der Gipfel der Originalität, was das Duo Deleurand/Rowe hier entworfen hat, zumal der Plot sich stellenweise ob der Fülle an Geschehnissen etwas verhaspelt und leicht wirr wirkt. Für eine grüne Einfärbung des Titels reicht es also nicht, aber die Geschichte kann man trotzdem mit gutem Gewissen lesen – wie das gesamte LTB.

von Gastautor Alexander Gerber, August 2011

- Prallball im Weltall (S: P.Pelo / Z: C.Panarese / IS TL 1966-A)
- Der mächtige Maschinenmann (S: S.Mezzavilla / Z: G.Cavazzano / IS TL 1967-A)
- Ein Maler-Schicksal (S: A.Sisti / Z: V.Held / I TL 1963-C)
- Froschkönig wider Willen (S: N.Russo / Z: Comicup Studio / I TL 1892-C)
- So nicht, Kater Karlo! (S: N.Russo / Z: G.Zironi / I TL 1951-B)
- Geheimagent 006 1/2 (S: M.Deleurand+E.Rowe / Z: J.Blasi / D 92370)

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