Diese Rezension ist entstanden im Gedenken an Dr. Erika Fuchs, die erste Chefredakteurin des Lustigen Taschenbuchs und kongeniale Partnerin des großen Carl Barks, die am 22.April im Alter von 98 Jahren verstorben ist. Danke für alles!

Der April neigt sich dem Ende und damit war es wieder Zeit, ein neues LTB zu publizieren und infolgedessen auch zu rezensieren. Genannt wird es "Die Superhelden" und soll wohl einen Jubiläumsband zum 40-jährigen Jubiläum von Supergoof darstellen, der sich daher immerhin auch aufs Cover verirrt hat, wo er mit Phantomias ein Duell im Armdrücken austrägt. Angesichts der Superkräfte des Jubilars sollte der Ausgang klar sein, doch betrachtet man die Anteile der Figuren an der Comicwelt, geht er als Verlierer aus dem Wettstreit hervor - was nicht zuletzt dadurch belegt wird, dass es eben genau keinen Supergoof-Jubelband (mit Glitzercover) gibt, sondern nur ein "normales" Cover, auf dem auch Heldenkollege Phantomias auftaucht. Dieses Kräftemessen setzt sich auch im Comicteil fort, wo Supergoof wiederum den Kürzeren zieht. Er bekommt zum Jubiläum eine 12-seitige Story, die von Marini in Szene gesetzt wurde - Phantomias seinerseits ist Hauptprotagonist der mit 61 Seiten längsten Story seit fast 5 Jahren, zuletzt war "Der goldene Nil" aus LTB 277 mit 66 Seiten länger. Ein wenig wehmütig blickt man auch aufs Backcover, wo ein offenbar von Massimo de Vita gezeichneter Supergoof sein Dasein fristet - die dazugehörige Story hätte man auch gern im Inneren gehabt! Wenn ich's mir recht überlege, hab' ich neulich schon mal was Ähnliches gelesen...
Insgesamt sind es dieses Mal 10 Storys, darunter ein Einseiter, immerhin 4 davon sind mindestens 30 Seiten lang - die 3 Egmont-Produktionen und der Phantomias. Italien scheint weiterhin lieber Kurzes zu produzieren. Der Gesamteindruck ist trotz des Phantomias-Highlights durchwachsen und lässt weiter deutlich Spielraum nach oben, doch vereinzelt positive Tendenzen sind aufzeigbar, mit dem Lichtlein der Hoffnung entzünden diese Fackeln, sie sollen lodern, leuchten, knistern und auch knackeln.

Seine Meinung zum LTB kann man auch dieses Mal wieder online äußern, eine Umfrage steht unter http://LTB-Umfrage.ifad.de zur Verfügung. Doch zur Sache. Ich weiß zwar nichts Genaues, aber einen Vortrag halte ich.

Donald ist bekanntlich Ein tatkräftiger Träumer. Als solcher hat er schon so manche Schlacht geschlagen und nur vielleicht, wenn er sich hinsetzt und auf die Sumpfhühner starrt, die im Sumpf rumsumpfen, vermeidet er allen Ärger, doch zumeist ergibt sich diese Gelegenheit nicht. So auch dieses Mal, wo er als Gewinner einer Tombola beim Jungfernflug eines neuen Flugzeuges dabei sein will. Leider wird er nach einem Fehler seines Amtes enthoben, und er muss sich den Respekt der Flugzeug-Crew neu erarbeiten. Ein Glück für ihn daher, dass bei diesem ersten Flug etwas schiefgeht und die Crew hilflos dem blinden Wüten dieser Höllenmaschine preisgegeben ist. Selbstverständlich glückt dem wackeren Helden die Rettung seiner Kameraden. Im Großen und Ganzen zwar vorhersehbar ist diese Story doch über weite Streckeh vernünftige Unterhaltung. Eine nette Übersetzung überwiegt den insgesamt wenig überzeugenden Plot. Die zeichnerische Umsetzung von Fecchi ist solide, wenn auch nicht begeisternd. Das führt zu einer durchschnittlichen Egmont-Story, die im Vergliech zu den Italienern vor allem von ihrer größeren Länge lebt.

.Anschließend wird Kraftfutter für Supergoof gesucht. Man weiß ja, die Wolken ziehn dahin, sie ziehn auch wieder her, der Mensch lebt nur einmal und dann nicht mehr, doch wenn man hinter diesen Wolken eine Schar Aliens erblickt, ist die Zeit zum Handeln gekommen. Rasch zischt der Held ins All, um die Feinde zurückzuschlagen - einzig Erfolg ist ihm ob der undurchdringlichen Schilde der Fremdlinge nicht beschieden, so dass er unverrichteter Dinge zur Erde zurückkehren muss. Doch das nimmt er nicht hin. Er rächt sich! Und seine Rache wird furchtbar sein. Er schnappt sich im eigenen Garten eine riesige Nuss und schleudert sie voller Schwung ins All, wo sie alle Raumschiffe einfach durchschlägt und die Erde rettet. An dieser Stelle ist die Geschichte Vergangenheit und man fragt sich: Hä? Supergoof selbst kann die Schilde nicht durchdringen, wohl aber eine aus vielen Kilometern Entfernung geworfene Nuss. Soso. Die Story ist kurz und unlogisch und auch Marinis Zeichnungen sind nicht unbedingt optimal. Zwar war Supergoof selten das Glück beschieden, Protagonist wirklich großartiger Geschichten zu sein, diese hier aber ist einer Jubiläumsstory in keinster Weise würdig. Der erste (wenn auch leider nicht letzte) Tiefpunkt des Bandes.

Die Panzerknacker heften sich an die Fersen von Dussel und Primus, die sich in die Wildnis auf die Suche nach Pirat Dotterbarts Schatz begeben. "Hinaus in Feld und Flur! Hinauf auf Gipfel und Grat! Durch Hag und Heide, durch Moor, Modder und Morast!" scheinen sie sich zu denken und fungieren dabei als rettende Engel für die beiden Vögel, die sich in so allerlei unvorteilhafte Situation bringen. Aber was der Wille erstrebt, das erreicht er, und so finden Dussel und Primus die Fundstelle des Schatzes um prompt von den Panzerknackern beraubt zu werden. Am Ende fällt ihnen ihre harterkämpfte Beute aber ins Wasser, das ihr Geld davonträgt. Wie das rinnt und rieselt! Dahin, dahin! So zerrinnen die Träume, so verrauscht das Glück. Die Story ist nach nicht einmal 20 Seiten beendet, und so wird aus einem zwar respektablen Ansatz leider sehr, sehr wenig gemacht und es bleibt eine Enttäuschung zurück und das Wissen, dass es wohl einfach nicht möglich ist, auf weniger als zwanzig Seiten eine wirklich unterhaltsame Geschichten zu kreieren. Zu hoffen bleibt, dass die Italiener von dieser Unsitte bald wieder Abstand nehmen.

Micky Maus begegnet dem Dämon des Unheils. Auf einer Urlaubsreise gerät er mit seinem Freund Goofy in die Fänge einer Schar Rebellen, die die Menschen mittels Hypnose gefügig machen. Leider ist da eine gewisse Unlogik zu sehen, denn die Hypnose erfolgt, indem eine Karnvalsmaske in die leere Luft projiziert wird und jeder, der sie sieht, ist binnen Sekunden in ihrem Bann. Doch natürlich glückt es dem Mäuserich, zu entkommen und den Projektor zu finden. "Was starrst du mich an, o Ungeheuer? Zuckt schon der Mörderdolch in deiner Hand?" scheint er diesem zuzurufen, als er sich auf ihn wirft und die Maske gewaltsam ihrem Zweck entzieht. Damit ist die Geschichte dann auch zuende. Gekaschperlt wird zwar kaum in diesem Machwerk, aber dafür wird auf Logik oder gar tiefergehenden Sinn weitgehend verzichtet, schon beim Überfliegen springen einem diverse auffällige Fehler in der Logik ins Auge, die auch im Gesamtkonzept nur als zu wesentlich zu nennen sind. Dass Goofy unaufgeklärt immer wieder versucht, Schmetterlinge mit Lepidoptera zu bezeichnen (wer aus der Zielgruppe kennt wohl die lateinischen Bezeichnungen?), ist nur ein weiteres negatives Detail. Die Story ist, wie man das von Micky nicht anders kennt, mal wieder eine Enttäuschung.

Ein skurriler Schiri ist Dussel. Er und seine Assistenten wollen sein ein einig Volk von Schiris, in keiner Not sich irren und Gefahr! Leider geht das schon auf einer Seite schief, und besonders zum Lachen ist es insbesondere nicht. Ein weiterer Einseiter der Kategorie "abhaken".

Weiter geht es mit dem Ungeheuer vom Wunschensee. Als jenes dort auftaucht, wird Donald von Dagobert beauftragt, es lieber als Touristenattraktion in den Ducksee zu locken. Zwar glückt dies nicht, doch er selbst verkleidet sich aus Monster, so dass auch der Ducksee nun über ein solches zu verfügen scheint. Doch das heutige Volk besteht bekanntlich aus lauter Softies, Knackis und Gruftis! Jammerlappen allzumal! Die Furcht vor dem Monster obsiegt und Dagobert ist wenig erbaut. So wankelmütig ist die Gunst des Volkes! Donald muss sich vor dem Onkel verbergen. Der Inhalt ist wenig originell, doch die 20-seitige Gagstory ist zumindest von Gervasio nett gezeichnet und birgt auch den ein oder anderen netten Witz, so dass man hinter dieser Geschichte zumindest einen Haken machen kann. Es wird angedeutet, welches Potential in den Italienern steckt, einzig der eng gesteckte Rahmen verhindert hier zumeist die Entfaltung der Kunst.

Es folgt der Höhepunkt des Bandes: Ganz nostalgisch wird einem zumute, wenn man Die Pyramide des Cheopsele liest und erinnert sich wehmütig an die LTBs aus dem Bereich unter 100, aus deren Zeit diese Geschichte stammt. 61 Seiten vom prägendsten aller Phantomias-Zeichner, Massimo de Vita, inszeniert und geschrieben von Phantomias-Erfinder Guido Martina - da kann ja nur etwas Gutes bei herauskommen. Und so ist es auch, ganz im Stile der alten LTB-Geschichten (Phantomias agiert hier sogar als Rächer und nicht als Verbrechen bekämpfender Superheld) ist auch diese gehalten. Martina zeigte hier wenn auch kein Meisterwerk aus seiner Warte, so doch eine routiniert verfasste Story, die in der aktuellen Zeit mehr oder weniger einem Meisterwerk gleicht. In Anbetracht dieser Story hofft man umso mehr, dass die Verlagsleitung schon sieht, sie muß umlernen. Man kann sich den alten Ideen der Leserschaft nicht einfach verschließen. Denn wenn man dauernd gewinnt, macht's viel mehr Spaß! So wie diese Geschichte sollte eine jede sein.

Leider kann es danach nur noch abwärts gehen, und das tut es auch furios. Donald wird von Dussel motiviert, die Kraft der Kristalle (von der dieser zu wissen glaubt) zu nutzen, und so läuft man durch die Gegend und zerschlägt versehentlich Kristall um Kristall, in der Hoffnung, deren verborgene Kräfte zu entdecken und freizusetzen. Inhaltlich mal wieder völlig chaotisch und ohne tieferen Sinn, auch die Zeichnungen Panaros gefallen mir wie gewohnt nicht. Lese ich das, wird mir so wunderlich zumute. Meine Gedanken gehen in die Irre!

Tick, Trick und Track kommen aus dem Ferienlager und lassen sich berichten, wie ihr Onkel Dagobert versucht hat, seinen Geldspeicher als Diebstahlsicherung in eine Art Zeppelin umwandeln zu lassen. Diese Erläuterung scheint erforderlich, denn leichtfertig ist die Jugend mit dem Wort und bar jeden Sinnes für geschäftliche Dinge! Dieses Luftschiff hätte allerlei hervorragende Eigenschaften, so wäre es unmöglich, es zu knacken und auch die Hexe Gundel Gaukeley könnte nicht eindringen (wieso man diese Vorrichtungen nicht einfach am bestehenden Geldspeicher anbaut, bleibt aber im Verborgenen). Doch Dagobert mag diese Fliegerei so gar nicht, und so bläst er das Projekt ab und behält seinen Geldspeicher bei. Er ist eben Bodenständig statt flatterhaft. Klingt sinnfrei, ist es auch. Zu dem "Plot" ist nichts mehr weiter zu sagen, und dass wiederum Panaro die Zeichnungen übernommen hat, stimmt mich auch nicht eben fröhlich.

Letztlich bleibt noch Der ungeahnte Urahne, eine Story des Duos Halas/Pasquale. Dies schürt schlimme Erwartungen, doch diese werden letztlich nicht erfüllt - im Gegenteil ist die Geschichte an den Erwartungen gemessen eine positive Überraschung. Als die franzöische Revolution ausbricht, rät irgendwas einem Vorfahren der Ducks, unverzüglich den Rückzug anzutreten. Er wandert aus nach Kanada und fällt dort dank eines indianischen Medizinmannes in einen 200-jährigen Schlaf, aus dem er erst in der Gegenwart wieder erwacht. In dieser arbeitet er, wie dereinst vor 200 Jahren, als Maler. An dieser Stelle ist die Geschichte beendet, so dass man zwar keine wahre Pracht gesehen hat, aber doch eine vernünftige Story, die inhaltlich von groben Fehlern verschont bleibt. Pasquale hält sich auch weitgehend im Hintergrund, so dass hier zumindest sein bestes Machwerk seit längerem zu bestaunen ist.

Alle Punkte auf meiner Liste sind getreulich erledigt und ordnungsgemäß abgehakt. Wir haben Reden von bestechender Einfalt und verblüffendem Scharfsinn gehört. Das Thema ist erschöpft. Wir schreiten jetzt zur ÜBERSICHT:

- Ein tatkräftiger Träumer (S: M.Gilbert / Z: M.Fecchi / D 2003-223)
- Kraftfutter für Supergoof (S: B.Concina / Z: R,Marini / I TL 2548-3)
- Pirat Dotterbarts Schatz (S: M.Bosco+M.Valentini / Z: G.di Vita / I TL 2516-3)
- Der Dämon des Unheils (S: P.Halas / Z: Joaquin / D 2003-242)
- Ein skurriler Schiri (S: G.Figus / Z: G.Facciotto / I TL 2519-01)
- Das Ungeheuer vom Wunschensee (S+Z: M.Gervasio / I TL 2529-2)
- Die Pyramide des Cheopsele (S: G.Martina / Z: M.de Vita / IS TL 948-A)
- Mit der Kraft der Kristalle (S: C.Panaro / Z: O.Panaro / I TL 2528-4)
- Bodenständig statt flatterhaft (S: F,Michelini / Z: O.Panaro / I TL 2486-5)
- Der ungeahnte Urahne (S: P.Halas / Z: Pasquale / D 2000-086)

Grün: Lesetipp
Rot: Flop

von Carsten Spitz, April 2005