Wenn ausgerechnet Dagobert Duck sich nachts vor das Haus von Gitta Gans begibt, um ihr dort ein Gitarren-Ständchen zu geben, dann mag der Leser meinen, dass es um seine geistige Gesundheit wohl allmählich sehr schlecht stehen muss. Doch es geht Dagobert in der wunderbaren Titelgeschichte des LTB 170 ("Eine Braut zuviel") natürlich – man mag es ahnen – um ein Geschäft.
Denn wieder einmal droht ein Vertragsschluss zu scheitern, wenn Dagobert sich nicht an die jeweilige Marotte des Geschäftspartners anbiedert. Diesmal handelt es sich um den Ölriesen van Oilen, der den Ehestand für das "höchste Glück auf Erden" (D. Duck, S.9) hält und Leute verabscheut, "die nur ans Geld denken" (van Oilen, S.10). Es geht um einen Milliardendeal. Dagobert wendet sich daher an Gitta, die schließlich ohnehin seit eh und je in ihn verschossen ist, und bittet diese darum, doch für den Tag des kommenden Treffens mit van Oilen seine Frau zu spielen. Sie lehnt jedoch ab, will sich nicht als bloßes Intrument für seine Geschäfte einspannen lassen. Um seinen Frust rauszulassen, begibt er sich zu Donald, wo er auf die Idee kommt, dieser könnte sich als Frau verkleiden und somit Dagoberts bessere Hälfte spielen – doch auch Donald lehnt ab. Beide potentiellen Frauen Dagoberts überlegen es sich jedoch dann anders – Gitta, weil sie hofft, dass aus der Teilzeit-Beziehung eine dauerhafte Romanze werden könnte, und Donald, weil ihm die von Dagobert avisierte Belohnung in Form einer Bananas-Reise reizt. Dumm nur, dass Gitta die Änderung ihrer Entscheidung bei Dagobert telefonisch verkündet, während Donald sich einfach auf eigene Faust zur jener Burg begibt, wo das Treffen mit van Oilen stattfinden soll. Als Dagobert von dem Mißverständnis Wind bekommt, ist es bereits zu spät, da Herr von Oilen bereits mit Gitta Bekanntschaft gemacht hat und seine Frau mit Donald. Letztlich befinden sich also zwei vermeintliche Dagobert-Frauen auf der Burg, was natürlich auf keinen Fall auffliegen darf und somit zu einigen lustigen Komplikationen führt. Am Ende tauchen durch ein Missgeschick beide Frauen vor den Augen der van Oilens auf, weswegen Herr van Oilen sogleich Dagobert wütend als "Lustmolch" und "Bigamist" beschimpft (S.36). Das Milliardengeschäft ist natürlich geplatzt, wobei van Oilen meint, er hätte Dagoberts Junggesellen-Überzeugung akzeptiert, wenn dieser ihn nicht belogen hätte.

Es folgt eine Micky-Story mit nebulösem Sinn über einen Priester-Geheimbund aus der Vergangenheit ("Der unheimliche Tempel"). Ein gewisser Dr. Trigonius ist auf den Spuren des Königreichs Micchu an der Westküste des heutigen Peru. Dort soll jener Priester-Geheimbund "Riten und Mysterien" vollzogen haben, "deren einziges Ziel die Erneuerung der Welt war" (S.42) – was auch immer darunter verstanden werden soll. Natürlich mussten die Aktivitäten wegen eines Erdbebens abgebrochen werden. Als Kostprobe dieser wirren Story hier ein Dialog zwischen Trigenius und Prof. Zapotek:
Zapotek: "Sie meinen, falls ein bestimmtes Ritual zum richtigen Zeitpunkt durchgeführt worden wäre..."
Trigonius: "Sie sagen es! Dann hätte die Menschheit einen gewaltigen Sprung nach vorn gemacht!"
Zapotek: "Donnerwettter! Damit wären wir ja mit einem Schlag alle unsere derzeitigen Probleme losgewesen! Das ist ja..."
Der von vornherein sehr verdächtige Dr. Trigonius entpuppt sich dann als Gauner, der mittels Vollendung der Priester-Rituale nicht weniger als die Weltherrschaft anstrebt. Mittels Hypnotisierung von Prof. Zapotek erreicht er es, dass dieser ihn über seine Zeitmaschine einweiht, über die ja eigentlich nur Micky, Goofy und sein Kollege Prof. Marlin bescheid wissen dürfen. Marlin, Goofy und Micky begeben sich dann per Zeitmaschine in die fragliche Zeit, doch das Geheimnis kann nicht gelöst werden. Darüber hinaus wird Dr. Trigonius von zwei Einwohnern der Gegend überfallen und verliert dabei sein Gedächtnis, sodass er nicht weiter an der Sache forschen kann. Darüber hinaus geht sein Totenbuch verloren, mit welchem er auf die Geschichte gestoßen ist. Fazit Micky in der letzten Sprechblase der Story über das Verlorengehen des Buchs: "Das liegt unter den Steinen begraben! Und das ist auch gut so! Ich finde, die Menschheit sollte von derartigen Experimenten verschont bleiben!"

Bei der darauffolgenden Geschichte ("Eine süße Verwechslung") kommt wieder etwas Liebe ins Spiel. Donald spielt während seiner Arbeit als Putze im Entenhausener Observatorium an den Knöpfen herum, wodurch der Planet Dextronien von einem "gewalttigen Energiestrahl aus dem All" getroffen wird (S.114). Die Temperatur des Planeten stieg daher an, und die Gebäude begannen zu schmelzen, da Zucker auf diesem Planeten der wichtigste Grundbaustoff ist und Süßigkeiten zugleich die einzige Nahrung seiner tropfenartiger lilafarbenen Bewohner ist – dem Planeten droht sein Ende. Daher begibt sich die Dextronierin Blobbi mit einem torte-förmigen Raumschiff auf die Erde. Ihre Mission: Donald dazu zu bringen, im Observatorium noch einmal die selben Knöpfe zu drücken, um die Entwicklung wieder rückgängig zu machen und damit ihren Planeten zu retten. Um nicht aufzufallen, nimmt sie die Gestalt von Daisy an und genießt ihren Aufenthalt sehr, weil sie sehr auf Donald steht. Natürlich weiß dieser aber nicht mehr, welche Knöpfe er im Observatorium gedrückt hatte, und in welcher Reihenfolge. Bei der Lösung dieses Problems wird die Story mal wieder reichlich absurd: Donalds Neffe Track meint, dass Donald besonders stark auf optische Reize anspringt und daher wohl zuerst jene Knöpfe gedrückt haben dürfte, die besonders auffallen. Bei der Menge der vorhandenen Knöpfe und angesichts der Tatsache, dass er offenbar mindestens vier Knöpfe bedient hat - eine reichlich haarige Idee, die von Donald und seinen Neffen aber gefeiert wird, als sei das der große Durchbruch. Letztlich kommt es natürlich zum Happy End und Blobbi verzieht sich wieder auf seinen Zucker-Planeten. Am Rande erfährt der Leser auch, dass das Entenhausener Observatorium ,,eines der modernsten der Welt und der Stolz der ganzen Stadt" sei (S.76).

In der vierten Geschichte ("Kater Karlos Klassentreffen", ab S.132) klagt Kater Karlo über eine große Durststrecke bei seinen Diebstählen, weswegen er seinen gewünschten Urlaub nicht finanzieren kann. Da kommt ihm als Alternative sehr gelegen, dass gerade ein Klassentreffen seines ehemaligen Internats Zalem (wohl eine Anspielung auf das Internat des Schloss Salem?) ansteht, sogar Anreise und Übernachtung werden übernommen. Viel Interessantes erfährt man in dieser Geschichte über die Vergangenheit Kater Karlos, der in der ersten Klasse fünfmal sitzen blieb, bis er schließlich mit dennoch mäßigen Leistungen versetzt wurde (Betragen: 5, alle anderen Noten 4). In der Nähe von Karlos Bleibe befindet sich das Stadtmuseum, wo sich ein besonders wertvoller Diamant befindet, nämlich der berühmte "Kohidoor". Diesen reißt Karlo sich natürlich unter den Nagel, er wird ihm aber von seinem ehemaligen Internats-Kollegen Günter Gerngroß wieder abgenommen, nachdem dieser Karlo mit Chlorophorm einschläfert hatte. Als entscheidender Informant für die Entenhausener Polizei betätigt sich Kommissar Hunters Neffe Teddy, "der ganze Stolz des Internats... und meiner Familie!" (Hunter, S.181). Als skandalös muss man jedoch die Zustände bei der Entenhausener Polizei bezeichnen, die dem Leser hier offenbar werden, und zwar auf hoher Ebene: Kommissar Hunter lässt Karlo einfach laufen, weil dieser ihm schließlich geholfen habe, einen Fall abzuschließen – nämlich den Fall Gerngroß. Dieser wurde verhaftet, schon zuvor verdächtigte ihn die Polizei der Hehlerei. Diesen Straferlass für Kater Karlo beschloss Hunter zusammen mit einem Kollegen und verkündet ihn auch zusammen mit ihm vor Karlo, so als wäre es das Normalste von der Welt. Angesichts eines solchen Rechtsstaats-Verständnisses eines honorigen Polizeifunktionärs darf es nicht verwundern, dass die Kriminalität in dieser Stadt groß geschrieben wird.

"Technik gegen Hexenkunst" heißt die folgende Dagobert-Geschichte, in der ihm wieder einmal die Hexe Gundel Gaukeley zu schaffen macht. Als ihre Angriffe plötzlich ausbleiben, will er sich versichern, dass dies auch mit rechten Dingen zugeht, und fliegt mit Donald und seinen Neffen zum Vesuv, wo ein Schild auf der Tür mit der Aufschrift "Bin im Urlaub" ihre Abwesenheit verkündet. Die fünf schnüffeln daraufhin in Gundels Hütte herum. Zwar stellt sich heraus, dass Gundel ihren Urlaub nur vorgetäuscht hat und die Abwesenheit Dagoberts nun nutzt, um den Glückstaler zu stehlen. Doch genau darauf hat Dagobert spekuliert, es aus der Ferne per Videokamera mitbekommen und lauert ihr daher in ihrer Hütte auf, wo sie denn auch überwältigt wird. Wieder mal ziemlich abstrus: wenn es so einfach ist, warum ist Dagobert dann nicht einfach im Geldspeicher sitzen geblieben?

Die darauffolgende Kurzgeschichte ("Ein Durchschnittspaar gesucht", S.215-220) ist eine nette Aufheiterung, bei der Rudi und Klarabella als vermeintlich perfektes ,,Durchschnittspaar" für die Rolle in einem Auto-Werbespot anheuern. Doch ihre schauspielerischen Qualitäten lassen doch etwas zu wünschen übrig, weswegen die Sache zu einem kurzen Vergnügen wird.

Den Schlusspunkt bildet eine weitere Dagobert-Geschichte ("Gefangen im Teufelskessel"). Diesmal begibt er sich in die Wüste "Durst-Valley", um dort dem Geheimnis auf die Spur zu kommen, warum sich dort angeblich die Erdoberfläche gold-gelb färben soll. Dagobert hofft natürlich, dass die Erzählungen über die Färbung auf Gold hinweisen – doch tatsächlich beziehen sie sich auf gold-gelbe Kürbnisse (obwohl sie merkwürdigerweise in Grün gezeichnet sind). Bislang kam aber noch niemand lebend aus dem Durst-Valley zurück, weswegen sich Dagobert mit einem schön gezeichneten "Multifunktionsfahrzeug" wappnet (S.230), eine Mischung aus einem Panzer und einem Geländewagen. Bei ihrem Abenteuer treffen sie ein lichtscheues Volk, welches unter der Erde leben muss, weil die Landschaft über der Erde durch die extreme Sonneneinwirkung verdorrt ist und ein lebenswichtiger Fluss im Sand versickerte. Dagobert lässt durch seine Ingenieure "das Flusswasser wieder nach oben" pumpen und wird im Gegenzug von einem der unterirdischen Bewohner beim Heimweg begleitet, da Dagobert diesen Weg alleine nicht hätte finden können. Am Schluss kauft er noch das Gelände auf und plant schon rentable Verpachtungen.

Quintessenz: Das LTB 170 kann mit Ausnahme der zweiten Geschichte über den Priester-Geheimbund trotz zuweilen absurder Logik voll überzeugen. Freilich kommen vor allem Dagobert- und Donald-Fans auf ihre Kosten, denen eine gute Mischung verschiedenster Genres geboten wird.

von Gastautor Lion, Februar 2010

ÜBERSICHT (Einfärbungen von LTB-Online)

- Eine Braut zuviel (S: N.Russo / Z: C.Mastantuono / I TL 1855-C)
- Der unheimliche Tempel (S+Z: G.Ubezio / I TL 1861-B)
- Eine süße Verwechslung (S: C.Panaro / Z: Comicup Studio / IS TL 1857-A)
- Kater Karlos Klassentreffen (S: S.Mezzavilla / Z: G.Cavazzano / IS TL 1862-A)
(Highlight)
- Technik gegen Hexenkunst (S: B.Concina / Z: G.Scala / I TL 1858-E)
- Ein Durchschnittspaar gesucht (S: Staff di IF / Z: S.Dossi / I TL 1849-C)
- Gefangen im Teufelskessel (S: R.Cimino / Z: S.Intini / I TL 1833-D)

GRÜN: Lesetipp
ROT: Flop