| Gastrezension
                von Rainer Innreiter 
 Nachdem das LTB 6 ausschließlich Micky gewidmet
                war, wurde im LTB 7 das Augenmerk auf
                Donald-Geschichten gelegt. Dabei handelt es sich
                um das bis dato schwächste LTB, welchem ich
                nicht all zu detaillierte Ausführungen schenken
                möchte.
 Den unerquicklichen Auftakt bildet
                die Geschichte Donald eröffnet eine
                Musterschule . Das beginnt bereits beim
                ersten Bild, wo anhand von landestypisch
                beschrifteten Täfelchen auf einer Weltkarte
                erklärt wird, dass Kinder überall auf der Welt
                nach den Sommerferien wieder zur Schule gehen
                müssen. Bei aller künstlerischen Freiheit mutet
                es befremdlich an, dass Frankreich nach
                Deutschland und Deutschland selbst gen Russland
                verschoben wurde.Nicht unwitzig startet hingegen Seite 2 der
                Geschichte, wo anhand vieler Klischees einige
                Sprachen quasi durch den Kakao
                gezogen werden. So schreiben Rothäute
                natürlich mit Rauch und Afrikaner hausen in
                Bambus-Hüttchen und wirken extrem primitiv. In
                Sachen politische Korrektheit öffnet
                sich hierbei ein neues Kapitel
 Doch weiter mit der Geschichte: Onkel Dagobert
                lässt auf einem seiner Grundstücke eine Schule
                bauen, um der Enteignung durch den Staat zu
                entgehen, der auf eben diesem Grundstück eine
                Eisenbahnstrecke bauen möchte. Laut Gesetz
                dürfen Schul-Grundstücke jedoch nicht
                zwangsenteignet werden. Allerdings benötigt der
                alte Plutokrat noch einen Lehrer für seine
                Schule  und glaubt, ausgerechnet in Donald
                einen geeigneten Pädagogen gefunden zu haben.
                Der Rest lässt sich erahnen
 Szenenweise erinnert die Geschichte an unselige
                Pauker-Filme mit Theo Lingen und
                Illja Richter, wobei man Donald und seinen
                Musterknaben wenigstens gelungene
                Pointen bescheinigen kann. Der obligatorische
                Leim auf dem Lehrerstuhl oder Reißzwecken im
                Pult sind hingegen ärgerlich unlustig. Man
                könnte sich die gesamte Story gut als Storyboard
                für einen nie gedrehten Cartoon vorstellen. Dem
                entsprechend sehen die Zeichnungen nämlich aus:
                Ohne Details, extrem simpel und die Ducks
                merkwürdig verfremdend. Vor allem Tick, Trick
                und Track erscheinen fremdartig: Dicke Bäuche
                und dünne Oberkörper.
 Eingedenk der grausigen Zeichnungen und dem
                anspruchslosen Plot ganz klar ein Flop, obwohl es
                weitaus schlimmere Geschichten gibt.
 
 Etwas besser geht es mit einer Premiere weiter:
                Endlich taucht der umtriebige Erfinder Daniel
                Düstentrieb (Dem Ingeniör ist nichts zu
                schwör) auf der Entenhausener Bühne auf.
                In Daniel Düsentrieb als Eulenspiegel
                erleben wir einen fast schon typischen
                Düsentrieb-Plot: Eine an sich nützliche
                Erfindung erweist sich durch unglückliche
                Umstände als Crux.
 Hier ist es eine Maschine, die den Charakter
                eines Menschen entweder auf ernsthaft oder auf
                heiter umpolen kann. Aus etwas kruden
                Überlegungen heraus, konstruiert Düsentrieb
                eine solche und testet sie an sich selber.
                Natürlich geht etwas schief und aus dem stets
                nüchternen Düsentrieb wird ein Till
                Eulenspiegel-Verschnitt. Wobei sich dem denkenden
                Leser zwei Fragen unausweichlich aufdrängen:
                Wieso testet Düsentrieb die Maschine an sich
                selber, wo er doch ohnedies ernsthaft veranlagt
                ist? Und zum Zweiten: Was bringt ihn dazu, in die
                Maschine ausgerechnet die Seite der
                Schalkhaftigkeit einzubauen, die er doch aus der
                Welt schaffen möchte? Nun sind Fragen der Logik
                gerade in einer Comic-Geschichte oft müßig.
                Manchmal drängen sie sich aber unweigerlich auf.
 Wie dem auch sei: Der neue
                Düsentrieb hat nur noch Unsinn im Kopf und
                treibt mit seinen Mitbürgern mehr oder weniger
                lustige Späße. Zum Lieblingsopfer mutiert
                natürlich Donald.
 Dazu eine Anmerkung: Anscheinend hat man in den
                Neuauflagen eine Szene geändert, da sie zu
                brutal erschien. In meiner Erstauflage kann man
                verfolgen, wie auf Seite 94 Donald von
                Eulenspiegel Düstentrieb überredet
                wird, mit den Fingern zu kontrollieren, ob die
                Steckdosen in seinem Haus funktionieren. Donald
                macht wie ihm geheißen und fängt sich
                klarerweise einen Stromschlag ein
 Weshalb diese Szene verändert wurde, erschließt
                sich mir nicht: Es gab und gibt weitaus brutalere
                Geschichten aus dem Entenhausen-Kosmos. Man denke
                nur an die unsäglichen Elaborate der neueren
                Micky Maus-Geschichten, wo selbst der meist
                friedliebende, sympathische Mäuserich mit
                Handfeuerwaffen in die Gegend ballert, dass es
                eine (Un-)Freude ist!
 
 Einen guten Beleg für diese These liefert
                übrigens die dritte Geschichte des Bands: Auf
                der Suche nach dem Füllhorn. Darin wird
                Donald von seinen Gläubigern unbarmherzig
                gejagt. Höhepunkt ist eine durchs Fenster
                geworfene Handgranate (!), die das Haus in die
                Luft sprengt. Mir stellt sich die Frage, ob
                solche Brutalitäten wirklich vonnöten sind.
 Die Story selbst ist reichlich banal und nur
                leidlich unterhaltsam: Zufällig stößt Donald
                auf einen Hinweis, wo sich das legendäre Goldene
                Füllhorn befinden soll, das dem Besitzer
                unendliche Reichtümer beschert. Dagobert will
                Donald natürlich (einer der Standard-Plots
                späterer Ausgaben) ausbooten und den Schatz für
                sich alleine haben.
 Sein Plan geht jedoch nicht auf und
                schlussendlich landen alle fünf Ducks auf den
                Weihnachtsinseln, wo der Häuptling der
                Eingeborenen (wie so oft als
                Menschenfresser tituliert) als Gewinn
                eines ungleichen Wettstreits das Füllhorn dem
                verspricht, der den Wettbewerb für sich
                entscheidet. Behelfs eines kleinen Tricks gelangt
                Donald in den Besitz.
 Es verwundert jedoch nicht, dass er es genau so
                rasch verliert, wie er es gewonnen hat. Die
                Erklärung dafür ist  auch wieder
                symptomatisch, leider!  äußerst trivial.
 Alles in allem eine enttäuschende Geschichte
                ohne besondere Höhepunkte oder Gags.
 
 Den ersten und einzigen Lichtblick bietet Story
                Nummer vier: Dagobert ist ein Schatz.
                Dabei wird ein weiterer Plot eingeführt, der
                sich später zahlreiche Male durch die
                LTB-Geschichte ziehen soll: In Gestalt der netten
                Gitta Gans wird Dagobert zum Objekt weiblicher
                Begierde. Natürlich zeigt der alte Griesgram
                wenig Ambitionen, diesem Ansinnen nachzugeben und
                wehrt sich mit allen (meist schroffen) Mitteln
                seiner Junggesellen-Haut. Deshalb greift Gitta zu
                einer List: Mit tatkräftiger Unterstützung des
                Daniel Düsentrieb nicht unähnlichen Erfinders
                und verhinderten Geschäftsmanns Jakob,
                suggeriert sie Dagobert, dass er als Finanzier
                auf dem absteigenden Ast ist.
 Tatsächlich gelingt es ihr, Dagobert zu
                frustrieren. Dass dieser für Gitta durchaus
                Gefühle hegt, zeigt sich jedoch, als er sie von
                Gangstern bedroht sieht und ihr helfen möchte.
                Dadurch wird er selbst zum Opfer, letztendlich
                aber natürlich nur für kurze Zeit.
 Diese typische Story aus der Feder des Italieners
                Romano Scarpa, den ich auf eine Stufe mit Carl
                Barks erheben möchte, bietet alles, was eine
                gute Geschichte ausmacht: Schöne, detaillierte,
                dynamische Zeichnungen, einen durchdachten Plot,
                witzige Situationen und Dialoge, optische Gags
                wie eine Art Gewissen in Form eines Geldsacks und
                gute Charakterisierungen.
 
 Einen versöhnlichen Abschluss bietet Donald
                und der Goldspürhund. Tick, Trick und
                Track werden von einem alten Indianer in das
                Geheimnis eingeweiht, dass es einen Hund gäbe,
                der Gold aufspüren könne. Neugierig wie sie
                sind, machen sie sich auf die Suche nach dem
                Wundertier und kommen nicht umhin, Donald und
                Dagobert mit auf eine nicht uninteressante
                Expedition zu nehmen.
 Vor allem auf den ersten Seiten schlägt die
                Story ein enormes Tempo an. Doch spätestens mit
                dem Aufspüren des Hundes flaut die Geschichte
                rasch ab. Die letzten Seiten sind nur noch die
                viel zu lang geratene Erklärung für einen
                vorhersehbaren Schlussgag. Schade  da
                hätte man mehr draus machen können.
 
 Fazit: Einer der mit Abstand schwächsten Bände
                der klassischen LTB-Staffel. Bei der
                Story-Auswahl hat man ganz offensichtlich völlig
                willkürlich Geschichten einbezogen. Anders ist
                nicht zu erklären, warum etwa eine erstklassige
                Scarpa-Geschichte in ein und demselben Band mit
                einer (bereits damals!) uralten, uninspirierten
                Donald erweist sich als Trottel-Story
                enthalten ist.
 Zum Glück stieg mit LTB 8 das Niveau der Reihe
                wieder etwas an.
 ÜBERSICHT:  - Vorgeschichte
                (S: G.Dalmasso / Z: G.Perego / I CWD 27-A)- Donald eröffnet
                eine Musterschule (S: G.Martina / Z: G.Perego /
                IS TL 101-A)
 - Daniel
                Düsentrieb als Eulenspiegel (S: C.Chendi / Z:
                G.Scala / I TL 385-A)
 - Auf der Suche nach dem Füllhorn (S:
                E.Missaglia / Z: P.+M.de Vita / IS TL 302-A)
 - Onkel Dagobert ist ein Schatz (S.+Z. R.Scarpa /
                I TL 386-A)
 - Donald und der
                Goldspürhund (S: R.Cimino+E.Penna / Z: P.+M.de
                Vita / I TL 285-A)
 GRÜN=Lesetip ROT=Flop
 Text von Rainer InnreiterDie Einfärbungen sind von LTB-Online vorgenommen
                worden.
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