| Gastrezension
                von Rainer Innreiter Den Auftakt dieser
                hervorragenden Story-Sammlung bildet "Micky
                löst das Rätsel von Kariba". Zwei
                Mitglieder der "Liga für heimwehkranke
                Tiere" wurden in Rhodesinien entführt.
                Schon bald wendet sich der Präsident dieser
                Vereinigung an Micky, er möge der Sache
                nachgehen. Gemeinsam mit Goofy macht sich Micky
                auf den Weg ins Karibatal in Rhodesinien. Bald
                wird klar, dass eine skrupellose Bande
                dahintersteckt, die wilde Tiere fängt und sie
                teuer an Händler verkauft. Nicht unüberraschend
                entpuppt sich Kater Karlo als Kopf dieser
                Bande...
 Die Story ist zwar etwas krude, aber einige gute
                Gags sorgen dafür, dass sie unterhaltsam ist -
                und was verlangt man mehr von einer guten
                Geschichte? Die Zeichnungen sind akzeptabel,
                hinken aber dem Standard etwas hinterher.
 Sparen hätte man sich meiner Ansicht nach die
                etwas martialischen Elemente können: Da werden
                Boote von Torpedos zerfetzt, auf Micky geschossen
                und Menschen mit Schraubenschlüsseln und
                Knüppeln niedergeschlagen. Muss das in einem
                harmlosen Disney-Comic wirklich sein?
 
 
 Nicht weniger zimperlich geht es in der nächsten
                Geschichte zur Sache: "In den Fängen der
                Spionageabwehr" befinden sich Micky und
                Goofy, nachdem sie im Auftrag des
                Wirtschaftsministers von Quackfalen streng
                geheime Dokumente an einen Herrn Neunmalklug
                überbringen sollen. Der Grund dafür ist, wie
                damals bei MM-Comics nicht unüblich etwas
                absurd. Ehrlich gesagt, der Plot gibt nicht viel
                her; die positive Bewertung verdient sich die
                Geschichte mit den Gags und der Situationskomik.
                So bittet Micky Goofy den Fernseher leiser zu
                stellen. Was macht dieser? Das naheliegendste: Er
                stellt den Fernseher mit der Bildröhre nach
                unten auf den Boden...
 Seltsam mutet mir an, dass Micky in einer
                Bruchbude außerhalb von Entenhausen wohnt.
 
 
 In Punkto Humor legt "Astronaut Micky"
                noch einmal einen odentliche Fuhre nach: In einer
                Parlamentsdebatte soll beschlossen werden, dass
                sich Entenhausen in eine noch führendere Rolle
                in der Weltraumforschung begeben soll. Trotz
                einer Opposition ("Warum protestieren
                Sie?" "Weil ich nun mal so gern
                protestiere!") wird beschlossen, dass ein
                Astronaut aus Entenhausen in einer Kapsel die
                Erde umkreisen soll. Und wer wäre dafür besser
                geeignet als Micky? Tatsächlich wird dieser ins
                All geschossen. Doch er hat die Rechnung ohne
                Kater Karlo gemacht, der im Auftrag einer
                ausländischen Macht (die ein bisserl an den
                ehem. Ostblock gemahnt) Micky die Kapsel abjagen
                soll. Also entführt er Minnie und zwingt Micky
                somit, zur Erde zurückzukehren. Aber so einfach
                lässt sich unser Held natürlich nicht die
                Kapsel abluchsen...
 
 Gagmäßig bewegt sich die Story in der ersten
                Hälfte auf enorm hohem Niveau. Vor allem Goofy
                und Mickys Neffen Mack und Muck ragen durch
                witzige Sprüche heraus. So lautet etwas ein
                Dialog, der sich entspinnt, nachdem ein
                Fernsehsprecher erklärt, dass Micky die Erde zum
                5. Mal umkreist, sodann zum sechsten, dann zum
                siebten Mal: "Meine Güte, was so einer gut
                rechnen können muss! Nach dem 5. Mal zum 6. Mal!
                Zack! Das sagt der so, ohne überlegen zu
                müssen!" "Aber Onkel Goofy, die haben
                doch Elektronengehirne dort°!
 Interessant auch, welche Reaktionen Mickys
                Liebes-Gesülze aus der Kapsel via Fernsehen an
                Minnie auslöst: Während das weibliche Volk
                gerührt ist, können dem die männlichen
                Zuschauer natürlich wenig abgewinnen:
                "Jetzt langt´s aber!" kontastiert ein
                Mann, nachdem Micky schier endlose Liebesschwüre
                an Minnie schwafelt...
 Die Zeichnungen sind gut, der Plot annehmbar.
                Weniger gut gefällt mir auch hier die Anwendung
                von Gewalt: Da wird erneut wild rumgeballert und
                ein Düsenjägergeschwader wirft Bomben auf ein
                untertauchendes U-Boot ab. Natürlich wird
                hierbei niemand ernsthaft verletzt, ich frage
                mich dennoch, was solche kriegerischen Untertöne
                in einem auch von Kindern gelesenen Comic zu
                suchen haben.
 
 
 "Die Reise zum Mond" ist die mit
                Sicherheit beste Geschichte des Bandes: Goofy und
                Micky werden mit Hilfe eines Tricks (ein
                Unbekannter gibt sich als ehemaliger Feldwebel
                von Goofys Kompanie aus - erst nachdem sie in der
                Falle sitzen fällt Goofy, gewohnt lethargisch,
                ein, dass er niemals bei der Armee war) in ein
                als Haus getarntes Raumschiff gelockt. Der
                Unbekannte entpuppt sich als verrückter
                Erfinder, der in die Geschichte der Menschheit
                mit der ersten auf dem Mond gelandeten Rakete
                eingehen (übrigens wurde die Story vor der
                ersten Mondlandung fabriziert) - nur leider wird
                er wegen Missbrauchs von Feuerwerkskörpern
                angezeigt anstatt als Genie gefeiert zu werden...
 Auf dem Mond unsanft "gelandet" stellen
                Micky und Goofy fest, dass dieser bewohnt wird,
                und zwar von zwei Völkern. Sie geraten dabei an
                die Bewohner der Kehrseite, die
                "Kehrlinge", bei denen, wie der Name
                vermuten lässt, alles "verkehrt" ist.
                Beschimpfungen gelten als Komplimente, Häuser
                werden durch Fenster verlassen und ein
                Vergnügungspark gilt dort geradezu als
                Folterkammer... Dummerweise geraten die Beiden in
                einen Konflikt mit dem Anführer der Vorderseite
                hinein, der "Roten Maske". Diese droht,
                die "Kehrlinge" mit Lebensmitteln zu
                bombardieren, falls diese sich nicht ergeben.
                Lebensmittel führen bei den Kehrlingen dazu,
                dass sie Hunger haben... Micky ersinnt nun den
                genialen Plan, die
                "Lebensmittel-Bomben" einzufrieren. Da
                es auf dem Mond kein Eis gibt (zumindest nicht in
                dieser Geschichte) fliegt eine Raumflotte der
                "Kehrlinge" zum Saturn, um von den
                Saturnringen Eis abzuzwacken.
 Nach einer Reihe von Sabotageakten gelangt die
                Flotte auf die Saturnringe, wo jedoch ein weteres
                Hindernis lauert: Puck, eine Art durchgeknallter
                "White Rabbit", der in seiner
                Langeweile den Ankömmlingen realistische
                Illusionen zaubert, ohne zu ahnen, dass er sich
                in den Dienst der bösen Sache der "Roten
                Maske" stellt.
 Klingt völlig abgehoben? Ist es auch. Abgesehen
                von den Geschichten des LTB 62 (Micky auf
                Gespensterjagd) gibt es wohl keine ähnlich
                abgespacte Handlung in einer anderen Geschichte.
                Die teils psychedelischen Zeichnungen legen den
                Verdacht nahe, dass manche Disney-Zeichner in den
                60ern so manchem Tripp nicht abgeneigt waren ...
                Unbedingt lesen!
 
 
 "Wer entführt wen?" kann mit den
                Vorgänger-Geschichten in keinster Weise
                mithalten: Zu bieder ist die Geschichte um die
                Aufklärung eines Banküberfalls geraten. Nicht,
                dass die Geschichte schlecht wäre, sie hat auch
                einige Gags aufzuweisen, aber in diesem
                überragenden LTB fällt sie deutlich ab.
 
 
 Fazit: Unbedingt eines der besten Micky-LTBs!
                Bemerkenswert ist dabei, dass Micky in keiner
                Geschichte dem Klischee des allwissenden,
                perfekten Neunmalklugen entspricht. Natürlich
                löst er schlussendlich alle Fälle. Aber auf dem
                Weg dort hin misslingt ihm auch schon mal was.
                Goofys Rolle ist in jenen Geschichten, in denen
                er dabei ist, tragend. Auch wenn er den
                Tollpatsch spielt, so ist er es, der Micky zu
                seinen Geistesblitzen anspornt.
 So müssen Micky-Geschichten sein - dann klappts
                auch mit einem nörgelnden LTB-Leser.
 ÜBERSICHT:  - Vorgeschichte
                (S: G.Dalmasso / Z: G.Perego / I CWD 28-A)- Micky löst das Rätsel von Kariba (S:
                E.Missaglia / Z: L.Capitanio / IS TL 266-B)
 - Micky und Goofy
                in den Fängen der Spionageabwehr
 (S: G.Dalmasso / Z: G.Chierchini / I TL 384-C)
 - Astronaut Micky (S: G.Dalmasso / Z: G.Carpi / I
                TL 417-B)
 - Die Reise zum Mond (S: A.Mazzanti / Z: G.Carpi
                / IS TL 234-A)
 - Wer entführt
                wen ? (S: G.Dalmasso / Z: P.de Vita / I TL 432-A)
 GRÜN=Lesetip ROT=Flop
 
 Text von Rainer Innreiter
 Die Einfärbungen sind von LTB-Online vorgenommen
                worden.
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